Wasserknappheit – in NRW kein Thema
Warum Sparsamkeit auch Kehrseiten hat
Heiße Sommer und milde Winter: Das scheint auch in unseren Breitengraden zur Gewohnheit zu werden. Für viele ist das nicht nur ein Grund zur Freude, sondern auch Anlass, über die Konsequenzen einer langfristigen Klimaveränderung nachzudenken. Eine zentrale Frage, die sich dabei stellt: Müssen wir noch sparsamer mit unserem Wasser umgehen? Wie eine umfassende Betrachtung zeigt, ist das Gegenteil der Fall. Zusätzlicher Verbrauchsverzicht ist nicht nur ökologisch unnötig, sonder ökonomisch sogar von Nachteil.
Standard Deutschland: Sparsamer Verbrauch
Die letzten 30 Jahre haben zahlreiche Wasser sparende Erfindungen hervorgebracht, die in nahezu jedem Haushalt zu finden sind: Waschmaschinen, die nur noch 35 l für eine volle Trommelladung benötigen, Spülmaschinen, die mit 20 l pro Tag das Geschirr für einen 4-Personen-Haushalt reinigen, spezielle Reduzier-Sprudelköpfe an Wasserhähnen und Duschen ... Schon im Kleinkindalter lernt man, beim Zähneputzen nicht das Wasser laufen zu lassen, und auch die Auffassung eines Umweltministers, zweimaliges wöchentliches Duschen sei völlig ausreichend, fand bei vielen Bürgern Gehör. So fiel der Pro-Kopf-Verbrauch pro Tag von 145 l im Jahre 1985 auf aktuell rund 125 l. Bewusster Umgang mit Wasser ist also für die Deutschen längst Normalität geworden – Industriebetriebe eingeschlossen, die durch Kreislauf- und Recyclingsysteme enorm viel Wasser sparen
Noch mehr Sparen ist nich öko-logisch...
Die inzwischen nahezu mediterranen Wetterverhältnisse, verbunden mit Meldungen aus der Landwirtschaft über trockene Böden, suggerieren vielen Menschen eine drohende Wasserknappheit. Für die öffentliche Wasserversorgung gibt es jedoch keinen Grund zur Besorgnis, denn entscheidend ist die Niederschlagsmenge des gesamten Jahres, die nach wie vor völlig ausreicht. In den meisten Regionen Deutschlands wie auch in Nordrhein-Westfalen besteht ökologisch keine Notwendigkeit, den Wasserverbrauch weiter zu reduzieren. Im langjährigen Mittel stehen deutschlandweit pro Jahr 182 Mrd. m³ Wasser zur Verfügung. Die öffentliche Wasserversorgung nutzt hiervon lediglich 3 % und verfolgt dabei das Nachhaltigkeitsprinzip: Was dem Wasserkreislauf entnommen wird, fließt diesem – in geklärter Form – wieder zu. Die Kapazitäten sind so ausgelegt, dass auch bei zwei aufeinander folgenden Trockenjahren noch eine ausreichende Wassermenge zur Verfügung stünde, und es wurde Vorsorge getroffen, um das jetzige Verbrauchsniveau dauerhaft bedienen zu können.
... und kann teuer werden!
Die Kosten für Wasseraufbereitung und –verteilung sind weitestgehend fix und nahezu verbrauchsunabhängig. Da man in der Vergangenheit von einem deutlich steigenden Wasserverbrauch ausging (siehe Kasten), wurden Trinkwasserreservoirs, Aufbereitungsanlagen und Rohrnetze großzügig dimensioniert – langfristige Investitionen, die nicht auf die Schnelle „zurückgefahren“ werden können. Ohnehin lassen sich die Kapazitäten nicht unbegrenzt reduzieren, da auch in Zeiten ungewöhnlich hohen Bedarfs und z.B. für Löschwassereinsätze Versorgungssicherheit gewährleistet sein muss. So reagieren die Wasserver- und Wasserentsorgungsunternehmen bereits seit etlichen Jahren im Rahmen des ökonomisch Sinnvollen auf die veränderte Verbrauchssituation: mit Maßnahmen wie der Anpassung der Wasserproduktionskapazitäten, Verkleinerung von Rohrnetzen oder der Reduzierung der Querschnitte durch Rohreinzug, die langfristig zu einer Kostenentlastung führen werden, zunächst aber Kosten verursachen. Aber das gilt auch für die laufenden Laboruntersuchungen des Trinkwassers, um eventuelle Qualitätsbeeinträchtigungen durch zu geringe Fließgeschwindigkeiten schnellstens festzustellen. Bereits seit einigen Jahren müssen bestimmte Netzbereiche vor allem in verbrauchsarmen Zeiten zusätzlich gespült werden, so dass das seitens des Bürgers gesparte Wasser an anderer Stelle wieder zum Einsatz kommt. Auch bei der Entwässerung wird das Sparen zum Kostentreiber: Weil nicht genügend Wasser die Frachten transportiert, stinkt es mancherorts nicht nur zum Himmel, sondern auch das Rohrnetz wird angegriffen. Zusätzliche Investitionen in Spülungen sowie vorzeitige Erneuerungen sind dann notwendig. Das Fazit: Hohe Fixkosten und der Mehraufwand aufgrund geringerer Durchflussmengen haben die spezifischen Kosten pro Liter schon in den vergangenen Jahren ansteigen lassen. Sinkt der Verbrauch weiter, müssen die Kosten auf geringere Mengen umgelegt werden, was die Preise pro m³ erhöht. Bliebe die Verbrauchsmenge stabil oder stiege an, wäre die Preissituation deutlich entspannter.
Ziel erreicht!
Zur Geschichte des Wasserspartrends
Wer heute eine Umfrage zum Wassersparen machen würde, bekäme häufig dieselben Antworten: Es ist ökologisch sinnvoll und dem persönlichen Geldbeutel hilft es auch. Die Wurzeln dieser heute kaum noch haltbaren Gründe reichen zurück in das Jahr 1972, in dem Zukunftsprognosen zu dem Ergebnis kamen, dass zur Jahrtausendwende ein Trinkwasserverbrauch von ca. 220 l pro Kopf zu erwarten sei. Um diesem Bedarf Rechnung zu tragen, wurde in NRW z.B. die Negertalsperre geplant. In der Auseinandersetzung um Sinn oder Unsinn des Stausees, in dem ein ganzes Dorf versinken sollte, entstand die Diskussion um den Trinkwasserverbrauch, die mit der aufkommenden Umweltpolitik zusätzliches Gewicht erhielt. Die Kampagne zum Wassersparen, an der sich auch die Wasserversorgungsunternehmen Beteiligten, war geboren und führte auf breiter Basis zu Verhaltensänderungen. Entsprechend stellt sich die Situation heute völlig anders dar: Der Pro-Kopf-Verbrauch pro Tag liegt fast 100 l unter dem prognostizierten Wert, und da die Zahl der Einwohner sinkt und auch die Unternehmen weniger Wasser brauchen, ist das Sparziel eindeutig erreicht.